Über dicke Bäuche gespannt, mit den typischen Blockstreifen, ist die Schweizer Firma ASSOS wohl eine der am häufigsten zu sehenden Radsportbekleidungsmarken in diesem Land (und Mallorca). In Hinblick auf Qualität sicher nicht zu beanstanden, gibt es für mich andere Gründe, warum ich mich gegen ASSOS entscheide.
Der ausschlaggebende Faktor, welcher mich dazu bewegt mein kaum vorhandenes Studenteneinkommen für ASSOS Kleidung auszugeben, ist das vollkommen missglückte Marketing an Frauen auf dem Rad. Die Damen-Trikots werden in Kombination mit Latex Leggins vorgeführt, „um den Augen der gesamten ASSOS-Community zu schmeicheln“. Dazu noch der fast schon parodistische Spruch zum diskutablen 70er Design des Trikots, zu finden im englischen Original:
„The featured graphics are unusual compared to what we are accustomed. Let it grow on you. It will all make sense. The colors and names selected have been inspired by great operas, except the Moussa. Its featured color is what the fashion world and textile industry have established as the color of the year. This color of the year decision process is taken by a select group of influential individuals who meet once a year in a secret place in France to discuss trends and technologies. When the day is over, the color decision is formulated and the color of the (coming) year is announced. When you wear the Moussa, you show that you are on the cutting edge.“
Barbusig, die Hände an der Oberweite – zur besseren visuellen Übermittlung, dass eine Damen-Trägerhose nun mal durch die Mitte der Brust verläuft und nicht wie bei Männern über die Schultern. Diese Fotos sind zwar keine Seltenheit in Radsport-Katalogen, aber ASSOS unterstreicht hier den Standpunkt, dass Form nun mal Funktion folgt auf jedem Produktfoto für Hosen: das Model trägt wirklich nur die Hose. Anders als beim männlichen Model sagen die Trikot-Produktfotos aus der Frontalansicht zudem auch noch recht wenig über die Passform aus, da sich das Model für die Pose jedes Mal etwas verbiegt.
Lass uns über den Assos-Mann reden..
Das martialisch beleuchtete, leicht eingeölte, männliche Trademark-Model ist schon kurios genug; seine Posen (auch die hier) kommunizieren: Krasser Typ. Es gibt sicher auch einen guten Grund warum die Softshell Regenhosen „sturmNUSS“ heisst. Bei ihm sehen wir jedoch, anders als bei der Frauenkollektion, einen geraden Blick in die Kamera und neutrale Posen – weil man so nun mal am besten eine Kaufentscheidung trifft.
Kein Zweifel – das weibliche ASSOS Model ist ziemlich sexy und eine willkommene Abwechslung vom dösigen Blick des männlichen Gegenparts, aber sexy Posen bewegen mich nicht dazu, ein Jersey zu kaufen. Ich würde ein Trikot kaufen, wenn es gut sitzt und gut aussieht ist; ich brauche eine Hose die ausreichend gepolstert ist und am Bauch und an den Beinen gut anliegt, das Trikot gerne ohne Hawaii-Blumenmuster – wenn all das passt, kann ich so schlimm schon mal nicht aussehen.
Ich fahre Rennrad natürlich nur zum Spaß, dazu gehört aber auch, dass ich meine Grenzen auszutesten will, beim Klettern leide und mich verausgabe. Auf den Rad-Urlaubsfotos auf Mallorca ähnelt mein Gesicht dem Antlitz von Andreas Klöden während einer Königsetappe der Tour. Warum sollte man sich ein Rennrad und Kleidung von ASSOS kaufen, wenn man nicht bereit ist, vor „der ASSOS-Community“ schlecht auszusehen? Welche Mitfahrer nehmen ernsthaft eine Frau als „Augenschmeichler“ mit auf Touren?
Ich bin übrigens nicht die Erste, die das Marketingkonzept von ASSOS kritisiert. Will ASSOS mir Trikots verkaufen oder erkennt die Firma den Mann als Hauptkunden, der vom ASSOS Model dazu verführt werden soll, seiner Radsport-unwilligen Freundin ein psychedelisch-designtes Trikot zu kaufen? Es könnte sich um einen perfiden Plan handeln!
**Update aus dem Jahr 2017: Assos hat mittlerweile deren Marketingstrategie überdacht, und ich wurde darauf hingewiesen, dass ich nicht gleichzeitig dicke Männerbäuche auf Mallorca und Sexismus in der Werbung kritisieren kann. Nächster Schritt daher: mehr dicke Männerbäuche in der Radsport-Werbung!***
Liebe Claudia,
Jawoll – ganz genau!
Ab sofort Assos-Frei 🙂
grüsse
tatjana
[…] Hosen standhält. Schon länger suchte ich ein anderes Hosenmodell, nicht zuletzt weil mir die Assos Werbekampagne gar nicht […]
[…] Lies hier : http://blog.goldene-speichen.de/2013/08/warum-ich-keine-radsportbekleidung-von-assos-kaufe/ […]
Ihr Emanzen habt ja Probleme…
Genau Willy, nämlich das Patriarchat!