Ich hatte bereits kurz nach Fränk Schleck’s positiver A-Probe berichtet, sechs Monate später folgt nun der Urteilsspruch in der ersten Instanz:
Der Disziplinarausschuss der Luxemburger Antidopingagentur ALAD verturteilte Fränk Schleck heute zu einem Jahr Sperre aufgrund einer positiven Dopingprobe auf das Diuretikum Xipamid. Die positive Probe wurde am 14. Juli festgestellt, seine Sperre wird somit auf diesen Tag zurückdatiert, d.h. er kann ab dem 14. Juli 2013 wieder offiziell an Rennen teilnehmen.

Fränk Schleck, mittlerweile auf TREK-Rädern bei Radioshack-Leopard unter Vertrag – Foto: Still Lab (Flickr ) CC BY-NC-ND
Fränk Schleck zu dem Urteil:
„In meinen Augen, ist die Entscheidung, mich für ein Jahr zu sperren, zu hart, da die ALAD davon ausgeht, dass ich unfreiwillig ein verseuchtes Produkt zu mir genommen haben. Leider sind die Regeln der UCI aber so, dass dies reicht, um einen Sportler zu sperren. Ich bin jedoch froh darüber, dass die Richter zurückbehalten haben, dass es sich nicht um einen Dopingfall handelt und dass es von meiner Seite aus kein Wille da war, meine Leistungen zu verbessern.”
Da Xipamid kein Dopingmittel an sich darstellt, sondern in der WADA Verbotsliste durch die diuretische Wirkung als Verschleierungsmittel gilt, wird Fränk Schleck nur indirekt des Dopings verdächtigt. Ihm drohte eine 2-Jährige Strafe, da laut WADA Code jeder Sportler selbst dafür verantwortlich ist, was in seinem Organismus gelangt. Die ALAD begründete seine Entscheidung (hier der Urteilsspruch auf Französisch), die Strafe um ein Jahr herabzusetzen, mit der geringen Menge des Mittels: 0,1 Nanogramm/Milliliter Xipamid seien in der Blutprobe gefunden worden. Ausserdem zeigte sein Biologischer Pass unter anderem einen normalen Hämatokritwert von 40%, was nicht auf Doping hinweist oder eine Verschleierung von Mitteln wie z.B. EPO, welches den Hämatokritwert deutlich anhebt, begründen könnte. Eine entnommene Blutprobe vom 24. Juli deute auch nicht auf verbotene Mittel wie Anabole Steroide hin, so der Urteilsspruch. Zeuge und Teamkollege Maxime Monfort gab an, während der Tour de France 2012 praktisch ununterbrochen mit Fränk Schleck zusammen gewesen zu sein, ihm sei nichts verdächtiges aufgefallen.
Niemand weiss jedoch, woher das Mittel stammte. Fränk Schleck konnte diverse Sportriegel, Nahrungsergänzungsmittel und Cremes benennen, die er benutzt hatte, in denen jedoch nach einer Analyse kein Xipamid gefunden wurde. In der Menge bleibt das Xipamid nach Expertenmeinung 96 Stunden im Organismus. Aus „Beweisnotstand“ ist dies, so der Luxemburger Ausschuss, auf eine Kontamination zurückzuführen, und räumte im Urteilsspruch die Zweifel etwas zu vorschnell aus.
Hier wird die WADA als Dopingwächter und evtl. auch die UCI als oberste Radsportinstanz das Problem sehen: die Strafe darf nicht herabgesetzt werden, wenn der Beschuldigte keine Beweise für seine Unschuld vorbringen kann. Im Wada-Code Wortlaut:
10.5.133 – Kein Verschulden – Wenn der Athlet in einem Einzelfall, bei dem es um einen Verstoß gegen Anti-Doping-Bestimmungen nach Artikel 2.1 (Vorhandensein eines verbotenen Wirkstoffs oder seiner Metaboliten oder Marker) […], nachweist, dass dieser Verstoß ohne sein Verschulden verursacht wurde, so wird die ansonsten geltende Sperre aufgehoben. Liegt ein Verstoß […] vor, muss der Athlet ebenfalls nachweisen, wie der verbotene Wirkstoff in seinen Organismus gelangte, damit die Sperre aufgehoben wird.
Fränk Schleck konnte jedoch das verunreinigte Nahrungsergänzungsmittel nicht vorbringen oder eine (wie die von ihm anfangs vermutete) Vergiftung nachweisen. Die ALAD benannte im Urteilsspruch sogar den Fall Contador, in dem eine ähnliche Schlussfolgerung gezogen wurde – allerdings bekam Alberto Contador die volle Sperre im Umfang von 2 Jahren. In Contador’s Fall sprach ihm der Spanische Verband frei, woraufhin die WADA das Verfahren aufgriff, um den Dopingfall vor den Obersten Sportgerichtshof, dem CAS, zu klären. Dorthin wird der Weg wohl auch für Fränk Schleck führen. Er schloss nicht aus, rechtliche Mittel einzulegen, wenn ihm die UCI oder die WADA nicht zuvorkommen (so lange beide sich in ihrer aktuellen, aufgrund der Anschuldigungen um Lance Armstrong eher schlechten Vertrauenslage einigen können). Trotz vieler Freisprüche in anderen Sportarten im Zusammenhang mit geringen Mengen verbotener Substanzen oder eventueller Verunreinigungen durch Fleisch oder Sportlernahrung, ist der WADA Code dazu da, gleiche Regeln für alle zu schaffen – was, wie wir am Fall Contador sahen, eigentlich nur im Radsport konsequent durchgesetzt wird.
Hinterlassen Sie den ersten Kommentar