„Das Fahrrad ist ein Fortbewegungsmittel mit zwei Rädern gleichen Durchmessers: das Vorderrad dient zum Lenken; das Hinterrad wird angetrieben.“
So weit so gut. Die Vorgaben der UCI bezüglich Renn- und Zeitfahrräder gelten als strikt, sie sind der Versuch des Verbands trotz der neusten technischen Entwicklungen gleiche Wettbewerbschancen für jeden Fahrer zu schaffen und eine Materialschlacht zwischen den „reicheren“ Teams so gut es geht abzuwenden. Es gibt Gewichtsuntergrenzen, Regeln zum Neigungsgrad des Sattels, Vorgaben zu Auflagepunkten beim Zeitfahren und allgemeine Materialverbote, sowohl beim Rad als auch bei der Rennkleidung. In Kürze:
- Das Rad muss im Handel frei verkäuflich sein, besondere Räder oder Prototypen sind in Wettbewerben verboten, technische Innovationen müssen vorher mit der UCI besprochen werden.
- Es muss zwei Bremsen besitzen, eine am Vorder- und eine am Hinterrad.
- Es muss einen Freilauf besitzen, die Fahrt mit starrer Nabe ist in Wettkämpfen ausserhalb der Bahn verboten.
- Es gibt nur drei Auflagepunkte des Körpers beim Straßenrennen: Die Pedale, der Sattel und der Lenker. Beim Zeitfahren kommen die Unterarme auf den speziellen Lenkeraufsätzen dazu.
Das Rennrad bei Straßenrennen
Allgemeine Maße: Das Rennrad darf maximal 185cm lang und (der Lenker) maximal 50cm breit sein. Die Tretlagermitte muss im Abstand von 24 bis 30cm zum Boden befinden, der Abstand zwischen Tretlagermitte und vorderem Gabelende muss zwischen 54 und 65cm betragen, zum hinteren Gabelende sind es 35 bis 50cm.
Bei Straßenrennen müssen beide Laufräder den selben Durchmesser besitzen, zwischen 55 umd 70cm inkl. Reifen, dabei sollten mindestens 16 Speichen vorhanden sein. Aus Sicherheitsgründen darf die Felge eines Reifens nicht tiefer sein als 25mm, Bremsfläche mit eingeschlossen. Laufräder, die für Wettkämpfe den nötigen Vorgaben entsprechen, sind hier aufgelistet.
Für die meisten Maße am Rennrad, inkl. der Wasserflaschen gilt die 3:1 Regel, diese besagt: das maximale Verhältnis der Rohrquerschnitte von Rahmen, Sattelstütze und Lenker dürfen das Verhältnis 3 zu 1 nicht überschreiten. Ist eine Wasserflasche also mehr als 3 mal so hoch wie sie breit ist, ist sie quasi „zu aerodynamisch“ und somit automatisch verboten.
Wasserflaschen (Bidons) dürfen, anders als beim Triathlon, nicht mehr an den Sattel oder am Lenker angebracht werden, sondern nur noch am Rahmen in der Rahmenmitte. Ein Bidon darf zudem nicht mehr als 0,8l Flüssigkeit fassen. Der Sattel darf nur zwischen 24 und 30cm lang sein und muss so aufliegen, dass eine Neigung von drei Grad nicht über- oder unterschritten wird.
Die Gewichtsuntergrenze für ein Rennrad liegt bei 6,8kg, diese Regel wird jedoch in Absprache mit den Herstellern derzeit debattiert. Sollte ein Rad sich mit aktuellen, frei verkäuflichen, leichteren Komponenten als sicher genug für ein Straßenrennen erweisen, könnte die Regel geändert werden. Geprüft wird das Gewicht des Rades bei Rundfahrten oft vor Bergetappen, was dazu führt, dass Radcomputer und Laufräder oft schwerer „gemacht“ werden, als nötig.
Alle Teile am Rennrad müssen dem internationalen Sicherheitsstandard EN14781 entsprechen und ein entsprechendes Siegel aufweisen, die Teammechaniker müssen alle Teile zudem ordnungsgemäß anbringen. Französische Teams waren vor dieser Regelung im Nachteil, laut französischem Verkehrsrecht waren verdickte Gabelenden auch in Rennsituationen für heimische Teams vorgeschrieben. Das bedeutete, dass beim Reifenwechsel der Schnellspanner komplett herausgedreht werden musste – andere Teams schliffen diese Enden in der Regel ab, um den Reifen mit ein paar Umdrehungen am Spanner direkt herausnehmen zu können, dies ist nun offiziell verboten.
Die Kleidung
Bei Radfahrkleidung sind Kompressionsmaterialien nicht mehr zulässig. Kompressionssocken, wie sie zum Beispiel in der Leichtathletik oft gesehen werden, sind untersagt; noch genauer: die Sockenlänge darf die halbe Strecke zwischen Knöchel und Knie nicht überschreiten. Alles was den Körper unterstützt, dehnt oder komprimiert um den Luftwiderstand zu verringern oder den Körper aerodynamischer zu gestalten, ist ausgeschlossen. Dabei ist auch eine Veredelung oder das Überziehen der Materialien mit einem Mittel („Coating“) untersagt, wie es zum Beispiel die Britische Bahnradmannschaft bei Olympia 2010 anwendete. Schuh-Überzieher, Handschuhe und Regenkleidung sind von der Regel ausgenommen.
Der Helm darf, wie bei der Weltmeisterschaft 2011 an den Briten gesehen, keinen abnehmbaren Plastiküberzug besitzen. Das Anbringen von elektronischen Teilen am Helm ist auch untersagt.
Das Zeitfahrrad
Die Zeitfahrräder werden vor dem Start kontrolliert und dürfen danach den Startbereich nicht mehr verlassen. Gemessen wird horizontal von der Tretlagermitte aus (siehe erstes Bild). Bei Zeitfahrrädern darf der Abstand zwischen Tretlagermitte und Lenkerende 75cm nicht überschreiten, der Sattel muss um mindestens 5cm zurückversetzt werden (auch hier gilt, dass die Sattellänge nicht kürzer als 24cm sein darf). Es gibt jedoch Ausnahmeregelungen, vor allem bei kleineren Fahrern oder bei Fahrern mit langen Oberkörpern führt der vorgegebene Abstand zwischen Sattel und Lenker oft zu Problemen.
Für Zeitfahrdisziplinen (und nur dann) darf auf dem Lenker eine Erweiterung angebracht werden. Dabei müssen die Unterarme unbedingt während des gesamten Rennens horizontal aufliegen und ein Winkel von maximal 120° zwischen Ober- und Unterarm nicht über- oder unterschritten werden. Elektronische Schalthebel und gekrümmte Hebel verhindern dies oft. Die UCI versucht die Zeitfahrposition in dieser Hinsicht weiter zu standardisieren, was sich aufgrund unterschiedlicher Flexibilität mancher Fahrer schwierig gestalten dürfte.
Gerade die immer ausgefeilteren Zeitfahrlenker verstossen oft gegen die 3:1 Regel der UCI da sie oft sehr flach und zu breit sind. Versuche mancher Teams die nonkonformen Lenker vor dem Start mit Gaffa-Tape zu modifizieren sind nicht erlaubt.
Konsequenzen
Wenn ein von der UCI zugelassenes Radmodell ohne Absprache von den Herstellern verändert wird, oder das UCI Siegel an nicht anerkannten Rädern angebracht wird, können diese mit Strafen zwischen 10.000 und 100.000 Schweizer Franken belangt werden. Wird so ein Rad im Wettbewerb verwendet, droht den Teams die Aberkennung der Siege, eine Disqualifikation und ein Strafverfahren.
Es hat sich viel verändert seit Greg LeMond im Jahr 1989 dank eines der ersten Zeitfahrlenkeraufsätze die Tour de France mit acht Sekunden Vorsprung gewann. Heute wird nicht nur das Gewicht er Räder debattiert, vor allem bei technischen Entwicklungen in der Aerodynamik kommt die UCI kaum hinterher und läuft Gefahr, die Regularien weiter zu verkomplizieren. Einige Radhersteller wie Cannondale gehen bereits auf die Barrikaden und drohen damit, sich auf den Triathlon zu konzentrieren, wo die Vorgaben weniger und leichter zu erfüllen sind.
Weiterführende Links:
Die Regeln in der Übersicht auf Englisch
Neue Vorgaben zu Equipment und Fahrposition auf Englisch via inrng.com
**Update 2017: Bitte beachtet das Datum des Artikels. Mittlerweile gab es Änderungen vor allem bzgl. Nutzung von Scheibenbremsen, die mittlerweile erlaubt sind. Das Minimalgewicht von 6.8kg gilt auch heute noch, die 2017er Regeln findet ihr hier. Trotz der Nachfrage: zum Triathlon kann ich keine Aussagen machen weil mich das Thema nicht interessiert :)**
Welchen Sinn ergibt denn die Sockenregel und warum sind die immer weiß obwohl keine Farbe vorgeschrieben ist?