Tour of California 2015 – Ein Erfahrungsbericht – Teil 1

„Ja Eurosport hat auch gefragt… Aber woher kommst du eigentlich? Von welchem Medium?“ Ob Jens Voigt Goldene Speichen kennt? Immerhin habe ich im letzten Jahr einen Artikel pro Quartal veröffentlicht. Ich umgehe die Frage mehr oder weniger geschickt und frage lieber, ob man ihn im Sommer bei der Tour de France ARD zu hören bekommt. Die Antwort: Wahrscheinlich nicht.

Vier (zugegeben ziemlich lange) Artikel im Jahr reichen anscheinend, um eine Presseakkreditierung für die Tour of California zu bekommen. Im Rahmen meiner Bachelorarbeit bin ich sowieso in den USA, wieso also nicht die Westküste und das „echte“ Amerika im Schlepptau eines Rennens entdecken? Das Essen im Presseraum ist umsonst und das WLAN stabiler als in den meisten Hotels – ausserdem tue ich im Grunde das, was die Rennveranstalter und Tourismusbüros eigentlich bezwecken wollen: ich komme nach Kalifornien als Tourist. Ich lasse Geld in (billigen) Hotels und schwärme zuhause von der Natur und den Menschen. Als Radsportfan das Land im Rahmen eines großen Rennens zu entdecken war die beste Idee der Redaktion, seit dem Artikel über rasierte Männerbeine.

Die zehnte Ausgabe der Tour of California startete in Sacramento. Obwohl sich die Stadt als Radsportfreundlich etablieren möchte, ist es eher die direkte Umgebung gelegene Stadt Davis, die sich, wohl zu recht, als Radsporthauptstadt der USA bezeichnet. In Davis gibt es, anders als in manch anderen Amerikanischen Städten, sogar Bürgersteige und vor allem: Radwege! Davis zeichnet sich durch die UC Davis aus, bekannt durch deren erfolgreiche Sportteams und den Pepper Spray Incident im Jahr 2011. Eine angenehme, unangestrengte Studentenstadt mit Bars und Radläden an jeder Ecke.

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Die erste Pressekonferenz in Sacramento, u.a. mit Mark Cavendish, Peter Sagan und im Hintergrund im blauen Hemd Jens Voigt

Die Strecke in Sacramento führte in einem Rundkurs nach Davis zurück zum Kapitol. Das Wetter und die Stimmung waren hervorragend, das Muttertags-Dinnerevent im Hotel an der Strecke gab dem Ganzen eine heimelige Note. Peter Sagan hatte schon in der Pressekonferenz sein derzeitiges Motivationstief durch Gähnen und geschauspielertes Wegnicken deutlich gemacht, woraufhin Cavendish sich die Anspielung auf Sagan’s 4 Millionen Euro schweren Vertrag bei Tinkoff-Saxo nicht sparen konnte. Den Sprint hat er dann auch recht deutlich gewonnen.

Knapper wurde der Sprint auf der zweiten Etappe von Nevada City (Bilderbuchszenerie!) nach Lodi (Taco Bell, Walmart, vierspurige Highways), wo Mark Cavendish den Sieg per Photofinish entschied. Die Fahrt nach Nevada City führte durch wunderschöne Wälder und einen stressfreien Highway, den ich mir mit Teambussen und Begleitfahrzeugen teilte. (Throwback Hip Hop Radio ist übrigens beste Wahl für solche Fahrten). 

Phil Gaimon vom Team Optum-Kelly Benifit, Etappe 2

Phil Gaimon vom Team Optum-Kelly Benifit, Etappe 2

San Jose war die erste hügelige Etappe des diesjährigen Rennens. Im Startbereich ungewöhnlich viele Rapha Jerseys und teure Räder. Die Nähe zum Apple Hauptquartier in Cupertino und durch das überdurchschnittlich hohe Einkommen der Bewohner schlägt sich auch auf die Hotelpreise nieder. Wenn man San Jose googelt, sind Artikel wie „Where to sleep safely in your car in San Jose“ nicht ungewöhnlich. Die Etappe gewann der 23-jährige Toms Skujins aus Litauen in einem Jensie-mässigen Ausreissversuch 55km vor dem Ziel, der Fahrer aus dem Hincapie Development Team bekam somit auch das Gelbe Jersey. Peter Sagan gewann den Sprint im Feld dahinter und machte auf dem Podium wieder auf sich aufmerksam. Sagan’s Späße werden hier manchmal etwas überinterpretiert und als respektlos dargestellt, dabei ist seine notorisch gute Laune trotz seiner drei zweiten Plätze in Folge sehr sympathisch. Es gibt Fahrer die in dieser Situation anderen die Schuld geben.

Die vierte Etappe startete in Pismo Beach, mit Palmen, Surfern, riesigen SUV’s mit „Support Solar Energy“ Aufklebern und einer wunderschönen Strandpromenade. Ich bekam die Chance ein paar Fahrer zu interviewen, darunter Gerald Ciolek und Cannondale-Garmin’s Jungstar Ruben Zepuntke. Mehr dazu in den nächsten Tagen!

Erstmal einen Espresso. MTN Qhuebeka warten vor dem Rapha Kaffeemobil

Erstmal einen Espresso. MTN Qhuebeka warten vor dem Rapha Kaffeemobil

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