Legendäre Teams und Trikotdesigns: Teil 2 – Team Peugeot: 1901 – 1989

Im ersten Teil stellten wir die frühen Anfänge des traditionsreichsten Radsportteam des 20. Jahrhunderts vor, von Hippolyte „Le Terrible“ Aucouturier über Tom Simpson bis hin zu den Anfängen von Eddy Merckx. In den 70ern wurde das Team vor allem von Fahrern wie Hennie Kuiper und dem zweimaligen Toursieger Bernard Thévenet geprägt.

Das Team Peugeot-Esso-Michelin im Jahr 1978

 

Thévenet vs. Merckx

Bernard Thévenet nach seinem Toursieg 1977 – Scan von Patrich Peccatte (Flickr) CC BY-NC-ND

Bernard Thévenet schaffte etwas, was keinem anderen Fahrer fünf lange Jahre gelang: er unterbrach bei der Tour 1975 die lange Siegesserie und Dominanz eines ehemaligen Peugeot Fahrers: Eddy Merckx. In sengender Hitze überholte er den Belgier am französischen Nationalfeiertag am Col d’Izoard und holte sich mit drei Minuten Vorsprung letztendlich den Sieg am Champs-Élysées. Dass Merckx in einer der Etappen zuvor von einem verrückten Fan einen Schlag in die Magengrube bekam, sich bei einem Sturz den Wangenknochen brach und im Dilirium kaum noch bemerkte, dass er im durch die Hitze geschmolzenen Teer fuhr, festigte im Rückblick jedoch nur noch die Legende um den Kannibalen Eddy Merckx. Die Franzosen dagegen liebten Thévenet, dem Bauernsohn aus der Burgundregion – am Straßenrand bei der Tour 75 hielt eine Dame im Bikini ihm zu Ehren ein Schild hoch: „Merckx ist geschlagen. Die Bastille ist gefallen“.

Thévenet gewann die Tour 1977 erneut, wo er Didi Thurau, Merckx und Joop Zoetemelk hinter sich liess. Die Tour versank in einem Dopingskandal um Zoetemelk und Thévenet musste später zugeben, während der Tour Kortisonpräparate genommen zu haben.

Während sich im Jahr 1974 noch von 23 Fahrern ganze 22 Franzosen im Team Peugeot befanden (der einzige Ausländer war der Deutsche Jürgen Tschan), öffnete sich das Team zum Ende der Dekade hin für englischsprachige Talente und bewies dabei einen sehr guten Blick für zukünftige große Namen. Neben dem Australier Phil Anderson, welcher 1982 das weiße Trikot als bester Jungprofi der Tour gewann und dem Iren Stephen Roche, der seine große Karriere bei Peugeot begann, war Robert Millar der erfolgreichste Angelsachse im Team. Millar war als schüchterner Vegetarier und Individualist immer ein Außenseiter im Peloton, eine legendäre Episode bei der Vuelta 1985 macht den Briten und viele Radsportfans, die das Drama live verfolgten jedoch bis heute wütend.

Robert Millar und der gestohlene Sieg

Robert Millar im Jahr 1984

„Die gestohlene Vuelta“ brachte Millar auf der vorletzten Etappe um den sicher geglaubten Gesamtsieg. Im Gesamtklassement führte er 10 Sekunden vor dem Spanier Francisco ‚Pacho‘ Rodriguez, dem er auf der vorletzten Etappe mit drei Anstiegen eigentlich nur noch folgen musste. Rodriguez versuchte seinen Rückstand durch Attacken wieder aufzuholen, was ihm aber auch nach einem Platten, den sich Millar am ersten Anstieg holte, nicht gelang. Millar, ein hervorragender Kletterer, holte Rodriguez und seinen Landsmann, den bis dahin Drittplatzierten Pello Ruiz Cabestany, fast mühelos wieder ein und liess sich von ihnen daraufhin sogar zum Sieg gratulieren. Was die beiden ihm im Gespräch während des Rennens nicht mitteilen wollten: der Spanier Pedro Delgado hatte mit einem weiteren Landsmann attackiert und holte seinen 6-Minütigen Rückstand auf Millar bis zum Ziel wieder ein – er gewann die Vuelta. Ein nie zuvor gesehener geheimer Komplott der spanischen Teams, Millar war stinksauer: „Ich komme nie mehr zurück nach Spanien“. Diese Aussage revidierte er im nächsten Jahr jedoch wieder, wo er, mittlerweile beim Team Panasonic, unter fairen Bedingungen abermals den zweiten Platz bei der Vuelta einnahm.

Mit dem Sieg des Punktetrikots bei der Tour 1984 war Robert Millar der erste Brite, welcher bei einer Grad Tour ein Siegertrikot mit nach Hause nehmen konnte und sein zusätzlicher 4. Platz im Gesamtklassement wurde erst im Jahr 2012 von Bradley Wiggins und Chris Froome übertroffen, die die Plätze eins und zwei bei der Tour einnahmen.

Das Ende des Teams

Auch wenn viele Radhersteller auf italienische Komponenten wie die von Capagnolo umstiegen, blieb Peugeot sich treu und war zu stolz, um sich von echt-französchen Marken wie Stronglight und Simplex abzuwenden. Bis zum Schluss war das Team Peugeot durch seine Geschichte der Stolz des ganzen Landes, das französischste aller Teams, welches über die Jahre hinweg sowohl finanziell aus auch aus sportlicher Sicht wettbewerbsfähig blieb. Bis zum Jahr 1986, als die Rezession, ausgelöst durch eine Ölkrise, das Team hart traf: das Budget von umgerechnet 1,06 Millionen Euro wurde innerhalb von einem halben Jahr aufgebraucht, der Sponsor Shell sprang ab. Der Chef der Firma Peugeot gab daraufhin am Ende des Jahres bekannt, dass Peugeot sich als Sponsor aus dem Radsport zurückziehen wird. Abgewickelt wurde das Team in den nächsten drei Jahren unter dem Namen Z-Peugeot, eine Supermarktkette übernahm die Rolle als Hauptsponsor, bis auch dieses Team ab dem Jahr 1989 in Credit Agricole und später in GAN aufging. Der Name Peugeot tauchte daraufhin weder als Radmarke noch als Sponsorenname auf.

Heute stellt Peugeot als Hommage an vergangene Zeiten sogar wieder Rennräder her, ein Sponsoring im Radsport ist jedoch nicht geplant.

Hinterlassen Sie den ersten Kommentar