Zwei Jahre hält Brian Cookson nun das Amt als UCI Präsident und Wächter über Teams, Rennen und Dopingsperren. Das es in allerlei Hinsicht Reformbedarf gibt, hatte Cookson schon zu Zeiten seiner Kandidatur offen ausgesprochen, vor allem aufgrund der vielen öffentlichen Vorwürfe gegenüber seiner unbeliebten (und mutmaßlich korrupten) Vorgänger Pat McQuaid und Hein Verbruggen. So nennt die UCI als Hauptziel auch die „Wiederherstellung der Glaubwürdigkeit des Sports“. Probleme, die es zu lösen gilt, sind vor allem in die oft angesprochene Abhängigkeit der Teams von Sponsorengeldern, die undurchsichtige Liga-Lizenzvergabe, der wenig einheitliche Umgang mit Positivtests und den chaotischen Vorgängen bei extremen Wetterlagen innerhalb eines Rennens.
Cookson lud verschiedene Interessenvertreter – Teams, Fahrer, Sponsoren, Rennveranstalter – zur offenen Diskussion und langsam kristallisiert sich ein Reformplan heraus, welcher ab der Saison 2017 alle Akteure zufriedenstellen soll. „Ich glaube dass die Maßnahmen dem Profi-Radsport weiter Stabilität und Wachstum garantieren wird, während sie zudem die Tür für technologische Innovationen und Fanbindung öffnet“, so Cookson in der Pressemitteilung. In den Details hält sich die UCI noch bedeckt, jedoch wurden bereits Vorschläge angenommen und auch endgültig verworfen, so zum Beispiel die Kürzung der Renntage während der Grand Tours und einem, ähnlich wie im Fußball, Relegationssystem zwischen WorldTeam und ProConti Liga.
Vier Hauptpunkte wurden bereits festgelegt:
- Ab 2017 werden sämtliche Liga-Lizenzen für Teams auf drei Jahre festgesetzt. Dadurch erhalten die Teams drei Jahre lang einen festen Platz in ihrer jeweiligen Liga und einen stabilen Planungshorizont im Bezug auf den Ligaverbleib. Dies schließt jedoch einen Aufstieg von ProConti auf WorldTeam Level nicht aus – auch nicht, dass ein WorldTeam deren Lizenz aufgrund von Geld- oder Dopingproblemen verliert.
- Alle 18 WorldTeams müssen sich an ein striktes Protokoll halten, welches den fairen, ganzheitlichen Umgang zwischen Management und Fahrern regelt, um „Alleingänge“ in Sachen Doping zu vermeiden. Diese zehn Punkte sollen gewährleisten, dass ein Fahrer sich vollständig unterstützt und betreut fühlt und Kontakt mit dem Management nicht nur vom Erfolg eines Fahrers abhängt. (Übrigens ein wichtiger Punkt meiner Bachelorarbeit über Kommunikation in Radsportteams). Über den Inhalt des 10-Punkte Plans gab die UCI noch keine Auskunft, jedoch wurde er bereits im Jahr 2014 versuchsweise erfolgreich angewendet und soll in Zukunft auch in unteren Ligen eingeführt werden.
- In Sachen WorldTour Kalender kündigte die UCI die weitere Aufnahme neuer Rennen an. Rennveranstalter können sich bereits um die höchste Kategorie bewerben, so hofft zum Beispiel die Tour of California (eventuell auch die Bayern Rundfahrt?) auf die Aufnahme in die WorldTour. Dies ist für die Fahrer mit wichtigen UCI Punkten und für die Rennveranstalter mit einem hochkarätigeren Fahrerfeld und somit höheren Werbeeinnahmen verbunden. Sicher ist jedoch, dass eines oder alle Rennen im Nahen Osten durch die „Globalisierung des Radsports“ in den WorldTour Kalender integriert werden. Hoffen wir, dass bis dahin das Extreme Weather Protocol verabschiedet wird, was den Umgang in extremen Wetterlagen, zum Beispiel zuletzt die extreme Hitze währen der Abu Dhabi Tour, regeln soll.
- Die individuelle UCI Punktevergabe sollen wieder Ligaübergreifend vereinheitlicht werden – so wie bereits während der ProTour Reform vor etwa 10 Jahren, nach dem so ziemlich jeder den Überblick verlor. Wichtig hierbei: für WorldTeams/Fahrer gelten nur Punkte, welche in WorldTour Rennen eingefahren wurden – dies könnte eine erhebliche Abwertung von Rennen in den unteren Kategorien bedeuten, da es für WorldTeams weniger Gründe gibt mitzufahren. Details hierzu werden zum Start der Saison 2016 verkündet.
Auf weitere technische Neuerungen bleibt zu hoffen. So ist die UCI mit der Erlaubnis von GoPro-Videoaufnahmen in Zusammenarbeit mit Velon einem spannenderem Zuschauererlebnis einen großen Schritt entgegengekommen. Während der Tour de France 2015 wurden zudem besondere Transponder getestet – in Zukunft sollen somit die Abstände zwischen den Gruppen zuverlässiger angezeigt werden, außerdem ermöglichen sie eine interaktive Online-Karte mit Daten zu den Fahrern und deren Position. In Sachen Rennradgewicht wird sich, trotz erheblicher technischer Neuerungen, wohl erst einmal aus Sicherheitsgründen nichts ändern. Dazu trägt auch die Erlaubnis zur Nutzung von kontrovers diskutierten Scheibenbremsen bei, die bekanntlich etwas schwerer sind, als die üblichen Felgenbremsen. Im Hinblick auf das obere Titelfoto und den darauf zu sehenden heftigen Seitenwinden in den Klassikerregionen eventuell ein nicht zu unterschätzender Vorteil.